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10 Jahre Wanderers Bremen Choreo

Hallo Freunde, Wegbegleiter und Leidensgenossen!

Der vergangene Samstag war für uns, genau wie das Auswärtsspiel in Berlin, ein besonderer Tag. Wir haben es doch tatsächlich als Gruppe geschafft nunmehr 10 Jahre zu bestehen.

Gar nicht so einfach wenn man bedenkt, dass die aktiven Fanszenen in weiten Teilen des Landes mittlerweile nur noch als Gewalttäter oder als „Taliban des Fußballs“ dargestellt werden. Dass dies so ist, haben wir unter anderem unseren selbstgerechten Funktionärsbanden, der auflagengeilen Boulevard-Presse, der immer nach Rechtfertigung suchenden Staatsmacht, von eigenen Fehlern ablenkenden Politikern und den Verantwortlichen in den Vereinen, welche sich leider zu häufig dem Markt verpflichtet fühlen, zu verdanken.

In der Zeit seit unserer Gründung standen für uns neben einigen schmerzhaften Momenten eben auch viele Gänsehautmomente auf dem Programm. So verband beispielsweise das UEFA Cup Finale in Istanbul beide Extreme. Auch die Abschieds-Choreo für Thomas Schaaf, bei der das gesamte Stadion miteinbezogen wurde, beinhaltete beides. Das 100. Derby hingegen oder auch kleinere Aktionen, wie z.B. die Ehrung der 1965er Meistermannschaft, standen ausschließlich in positivem Licht. Ein Augenmerk haben wir auch immer wieder auf optische Aktionen im Stadion gelegt, die sich mit dem Erhalt der Fankultur im Allgemeinen oder anderen Aspekten, wie z.B. der Abschaffung der Relegation oder auch dem Erhalt des Stadionnamens, beschäftigten.

Nach nunmehr 10 Jahren wollten wir dann auch einmal uns selbst feiern. Bei reiner Selbstbeweihräucherung wollten wir es bei der Choreographie am Samstag allerdings nicht belassen. Denn für einige unserer Mitglieder begann der Weg innerhalb der organisierten Bremer Fanszene nicht erst 2007, sondern schon im Jahr 1997 mit der Gründung der Eastside. Die Eastside Bremen bestand bis 2005 und war Vorreiter für alle heute existierenden Gruppen in der Bremer Ultraszene und zudem eine der ersten ihrer Art in Deutschland. Daher war es für uns selbstverständlich nicht nur unser 10-jähriges Bestehen zu feiern, sondern auch das 20-jährige Jubiläum der Bremer Ultraszene in unsere Choreo mit aufzunehmen. Und wer sich mit unserer Historie auskennt, wird ebenfalls wissen, dass wir aus der mittlerweile nicht mehr existenten Ultragruppe Racaille Verte hervorgingen. Eastside Bremen – Racaille Verte – Wanderers Bremen. Das ist unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich. Die nächsten zehn Jahre kommen nun auf uns zu, in denen wir weiter ein verlässlicher Partner der Bremer Fanszene sein und uns kritisch mit dem Verein und fanrelevanten Themen auseinandersetzen wollen. Das ist unser Anspruch und daran messen wir uns.

Apropros Zukunft. Die optische Unterstützung der Mannschaft mit Hilfe von Choreographien ist ein wesentlicher Teil unserer Fankultur. Leider müssen wir seit langem mit einigen Einschränkungen im heimischen Weserstadion leben, die die Unterstützung der Mannschaft und die Huldigung unseres Vereins bis auf weiteres erschweren bis unmöglich machen. Dieser Umstand und ein Vertrauensverlust gegenüber Vereinsmitarbeitern ließen uns vor knapp einem Jahr zu dem Entschluss kommen, auf unbestimmte Zeit keine Choreos zu erarbeiten, die der Verein zu Marketingzwecken verwenden könnte. Bei der Choreo am vergangenen Samstag gingen wir davon aus, dass der Nutzen für Marketingzwecke nicht gegeben ist und es folglich keinen Zuspruch in der Marketingabteilung findet. Deswegen hatten wir uns die Freiheit genommen, eben doch diese eine, für uns persönlich wichtige, Choreographie durchzuführen.

Wie es bei diesem Thema insgesamt weiter geht, wissen wir momentan leider nicht. Unsere Vereinsvertreter bewegen sich bis heute keinen Zentimeter. Beim Fanbeirat wird man zu diesem Thema weitestgehend vertröstet. Einmal sind die sich beschwerenden Logenbesitzer die Sündenböcke, dann wieder der Werbepartner VW.

Aktuell findet man in Bremen eine vor Jahren getroffene Regelung vor, welche vorsieht, pro Saison lediglich zwei Choreographien über die Logen machen zu können. Diese Regelung wurde beim Fanbeirat vor Jahren getroffen. Ein Witz in vielerlei Hinsicht. Zum einen wurden wir damals von dieser Runde ausgeschlossen, weil wir es nicht als unsere Verpflichtung gesehen haben, einen Vertrag, von Verantwortlichen des Vereins aufgesetzt, als Maßstab für weitere Zusammenarbeit zu unterschreiben. Zum anderen bedarf es keiner weiteren Erklärung, um zu verstehen, dass dies nicht nur aus unserer Sicht eine absolute Frechheit und ein Schlag ins Gesicht jeder freien Fanszene darstellt, die ihre Liebe zu Stadt und Verein hierbei auf kreative Art und Weise umsetzen möchte.
Wären wir damals anwesend gewesen, hätten wir ganz sicher nicht dieser absurden Regelung zugestimmt. Für uns stellt diese Regelung einen massiven Einschnitt in die Grundwerte der Fankultur dar!

Da bedauerlicherweise nicht alle der damals anwesenden Personen und Gruppen beim Fanbeirat einen höheren Anspruch an optischer Unterstützung gehabt hatten und wir nun seit langem auf die Unhaltbarkeit dieser Zustände hinweisen, kann die Ausrede der damaligen Vereinbarung beim besten Willen nicht mehr als Grund herbeigezogen werden. In der Praxis sieht es zwar so aus, dass man zur Not einmal ein Auge zudrückt, aber auch nur dann, wenn die dritte Aktion über die Logen dann auch eine ist, die den Verantwortlichen genehm ist. Einen verdienten Spieler verabschieden – bitte schön. Die Abschaffung der Relegation fordern – nein danke.
Wir selber haben uns in der Vergangenheit immer als verlässlich und kompromissbereit gezeigt und verstehen nicht, wie man so mit uns umgehen kann. Wir haben Verständnis, wenn bestehende Verträge oder andere Notwendigkeiten finanzieller Art bedient werden müssen. Nur sind hier Fehler gemacht worden, die nicht wir zu verantworten haben. In Sponsoring Verträgen oder bei Logenvermietungen gehört einfach darauf hingewiesen, dass in Fankurven beispielsweise mit Sichteinschränkungen durchaus zu rechnen ist, eben weil hier eine wünschenswert lebendige Kultur agiert. Alles andere ist ein Versagen, unter dem weder wir noch andere Fans leiden dürfen!

Andere Vereine zeigen, dass es durchaus auch anders geht. Dort spielen Umfang und Vielzahl von Aktionen keine Rolle. Mancherorts arbeitet man gar mit Stadionregie und anderen spieltagsrelevanten Bereichen zusammen. Auch die Problematiken der Zaunfahnenplätze kennen wir hier in Bremen recht gut, weshalb wir diese in diesem Zusammenhang mit einfließen lassen. So wurden wir beim Umbau der Ostkurve ordentlich hintergangen. Nicht nur, dass man in eine Fankurve keine Logen zieht und diese dadurch zerschneidet. So sollte das Versprechen, dass dies nicht zum Nachteil der Fans in der Kurve sein wird, schnell wieder vergessen werden, als die Besucher eben besagter Logen das Einlaufen der Mannschaften nicht sehen konnten oder die Werbung für einige Minuten nicht sichtbar war. Aus letzterem Grund wurden auch die zugesagten Fanclubfahnenplätze im Oberrang schnell wieder ad acta gelegt. Heute möchte man darüber am liebsten gar nicht mehr reden. Man wolle die Zukunft mit der Vergangenheit nicht beschweren. Das kann Sinn machen. Aber auch nur, wenn man auf einen Kurswechsel setzen würde, anstatt lediglich Gesichter auszutauschen.

Seit zwei Jahrzenten erfahren wir ein ständiges Ungleichgewicht und Ungerechtigkeiten, welche uns auch in Zukunft alles abverlangen, für sämtliche Freiheiten in der Kurve einzustehen und zu kämpfen!

Wanderers Bremen im September 2017