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Derbyhorror 2.0

Das 100. Derby liegt uns wohl allen noch auf der Zunge. Wohltuend und schmackhaft, so wie ein Derby eben sein muss. Die darauffolgenden Partien waren dann schon nur noch ein Schatten dieses Ereignisses und der Vorangegangenen. Nun scheint es, dass wir endgültig in der Neuzeit angekommen sind. Um das Wesentliche gleich vorweg zu nehmen: Auf dem Platz bot sich eine gemeine Mischung aus nicht Können und später nicht mehr Wollen. Gerade letzteres ist ein unhaltbarer Zustand und einem Derby mehr als unwürdig! Doch auch das drum herum bot, wie schon beim letzten Kick in der Elbstadt, so einiges.

Womit fing der diesjährige Derbyspaß 16/17 an?
Rund um den Verein Derbystimmung wahrzunehmen, das war schon einmal unmöglich. Traurig aber wahr. Zumindest die Szene mobilisierte zum einen personell und zum anderen in Sachen Choreo. Unsere ganz eigenen Bemühungen, auch den Block optisch wieder in Szene zu setzten, verliefen eigentlich ganz zufriedenstellend. Um die teils großen Banner zu fertigen, half uns der Verein in Sachen Infrastruktur. Die Anmeldung unseres Vorhabens beim H?V einige Wochen zuvor war dann allerdings der erste kleinere Knackpunkt. Zwar gab es Aussagen unserer Fanbetreuung, ob die Choreo genehmigt werde, jedoch waren dies wieder einmal eher Schätzungen als konkrete und verlässliche Aussagen. So wusste man bis 4 Tage vor dem Spiel wieder einmal nicht, ob denn nun alles so genehmigt wurde oder nicht. Schlimm genug sich die Unterstützung des Teams überhaupt genehmigen lassen zu müssen. Es ist einfach eine Zumutung immer wieder Geld und Schweiß zu opfern, ohne Gewissheit zu haben.

Am Freitag dann erreichte uns ein Schnappschuss einer Datei aus der vor dem Spiel stattfindenden Sicherheitsbesprechung, wie zu vermuten ist. Dieser machte in der Hamburger Fanszene die Runde und beinhaltete lustige und weniger lustige Details. Zum Verständnis sei einmal gesagt, dass wir dazu gezwungen werden dem gastgebenden Verein die Idee der Unterstützung im Detail aufzuzeigen. Natürlich alles aus fadenscheinigen Sicherheitsgründen. So ist man dann darauf angewiesen, dass diese Details intern unter Verschluss bleiben und nicht in allerhand andere Hände gelangen. So war man schon gut bedient, bevor es überhaupt losging. Die Choreo durchzuziehen war dennoch angedacht. Ganz so leicht lässt man sich dann ja doch nicht aushebeln.

Eines der weniger lustigen Details war jenes, dass das Abhängen der Seiten des Stehbereichs nicht erlaubt sei, da die Bremer Fanbetreuung dies so gewünscht hätte. Eine spannende Geschichte, da sich dies leider mit ähnlichen Vorfällen aus der Vergangenheit deckt. Dass sich dies aus dem Munde unserer Fanbetreuung uns gegenüber jedoch ganz anders anhörte, indem man in dem Glauben gelassen wurde, die Stellinger wären hier die Übeltäter, macht die Sache rund. Als H?V’er würden wir uns indes fragen, warum zum Henker von popeligen 3000 als Unterstützung angemeldeten Luftballons, lediglich 1500 zugelassen sind? Auch das reiht sich nämlich nahtlos in unnötige Verbote und Restriktionen beim Derby ein.

Samstag dann ging es also los. Zwei Haufen Ultras machten sich neben tausend anderen Fans auf den Weg in den Norden. Doch wie schon im Jahr zuvor durfte auch dieses Mal wieder ein Haufen davon die Heimreise bereits vor dem Spiel antreten. Ein weiterer Fall für den Bund der Steuerzahler, denn dieses Mal beschäftigten sich zwei Hundertschaften der Polizei wiederrum mehrere Stunden mit Personalienfeststellungen aufgrund der alternativen Anreise. 238 sollen es letztendlich gewesen sein, die nur zu verständlich diese sogenannte alternative Anreise wählten. Sie waren doch einige Monate zuvor noch Leittragende einer ganz ähnlichen Polizeimaßnahme ohne, dass sich rund um dieses Spiel überhaupt auch nur das Geringste ereignet hätte. Wer möchte da nicht der Wiederholung solch einer Willkür ein Schnippchen schlagen?

Selber stand man im Hamburger Hauptbahnhof gut eineinhalb Stunden gekesselt herum und suchte nach dem logischen Grund dafür. Der wurde jedoch bis dato nicht gefunden, weswegen auch hier von reiner Willkür gesprochen werden darf. Ein Kollege wurde der Gruppe entzogen und auf die Bahnhofswache gebracht um festzustellen, ob dieser an einer Tat aus der Vergangenheit beteiligt gewesen sei. Ein echter Witz, musste der kurzzeitig anwesende szenekundige Bremer Beamte doch wissen, dass die besagte Person an der vorgeworfenen Tat nicht beteiligt war und dies augenscheinlich einen absoluten Blindflug darstellte. Die Maßnahme der Hamburger- und Bundespolizei stellt indes keinen Zufall dar, sondern reiht sich lediglich in die Kategorie „Verarschen und Provozieren“ ein. Anscheinend hätte man gerne auch uns zurückgeschickt, bedurfte es doch nur noch einem konkreten Grund. Was zieht da besser als einfach mal ein „Fehlverhalten“ zu provozieren?! Besagte eineinhalbstunden später dann durften wenigsten wir weiterziehen und standen wenig später vor dem Stadion.

Was also tun? Richtig machst du in so einer Situation ohnehin nichts. Daher wurde die Arbeit der vergangenen Wochen zur Sicherheit ins Stadion geschleppt und im Nachgang wieder in den Bus. Der Block sah weder eine Choreo noch Fahnen. Für den mangelnden Support durften sich alle Anwesenden später bei sich selbst und der unterirdischen Mannschaftsleistung bedanken. Das wohl mieseste Derby seit Gedenken!

Ein wieder mal recht gelungener Derbytag, wenn man auf der Seite der Polizei gestanden hat. Für alle Fußballfans, auch dank der miesen Qualitäten und fehlenden Einstellungen auf dem Platz, und den Steuerzahler eine runde Minusgeschichte.

Wir werden uns jetzt in Ruhe zusammensetzen und Entschlüsse fassen müssen. Es ist Zeit nun auch an sich zu denken!

Wanderers Bremen mit einem gesenkten Blick zurück auf das vergangene Wochenende